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Pressemitteilungen
08.11.2022

Afrikanische Schweinepest: Vorbereitung auf den Ernstfall

Am 22. Oktober führte das Landratsamt Tuttlingen im Gemeindewald Durchhausen eine praktische Tierseuchenübung zur Afrikanischen Schweinepest (ASP) durch. Angenommen wurde ein erster Nachweis der ASP bei Wildschweinen in diesem Gebiet. Dann ist die sogenannte Fallwildsuche eine der vordringlichsten Maßnahmen. Damit soll zum einen geklärt werden, in welchem Bereich diese für Haus- und Wildschweine meist tödliche Tierseuche sich bereits ausgebreitet hat. Zum anderen soll mit der Bergung der Kadaver auch deren hohe Viruslast aus der freien Wildbahn beseitigt werden. 

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186_Probenehmer in Seuchenschutzkleidung

Als Übende oder als Beobachter beteiligt waren insgesamt 43 Personen - Vertreter betroffener Fachbereiche des Landratsamts und von Nachbarkreisen, des Landesweiten ASP-Kompetenzteams, des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Freiburg, Privatjäger sowie Hundeführer und ein Drohnenpilot vom Training Center Retten und Helfen (TCRH) in Mosbach. Geübt wurde die Suche, Beprobung, seuchenhygienisch sichere Verpackung, Bergung und Beseitigung von toten Wildschweinen. Dazu waren frühmorgens Tierkörper von überfahrenen sowie Felle und Köpfe von gesund erlegten Wildschweinen an verschiedenen Stellen versteckt ausgelegt worden.

Insgesamt wurde eine Fläche von 24 Hektar auf drei verschiedene Arten abgesucht: Eine Gruppe von Jägern mit zwei jagdlich geführten Hunden durchkämmte ein Waldgebiet klassisch in Form einer Menschenkette. Als neue Methode kamen fünf Suchhundegespanne vom TCRH zum Einsatz, bestehend aus je zwei Personen und einem speziell für die Suche nach toten Wildschweinen ausgebildeten Hund. Ein solcher „Kadaver-Suchhund“ kann bis zu etwa vier Hektar Wald absuchen, dann muss er sich von der anstrengenden „Riecharbeit“ wieder erholen. Mit der dritten Methode scannte ein erfahrender Drohnenpilot vom TCRH eine sechs Hektar große, abgeholzte und bereits wieder zuwachsende Fläche ab, interessiert beobachtet von Drohnenpiloten aus der Region, die bereits in der Rehkitzrettung tätig sind.

Nach der Meldung gefundener Kadaver kam eines der beiden Probenahmeteams aus Amtstierärzten und einem Mitarbeiter der Unteren Jagdbehörde vor Ort. Die Probenahmeteams trugen Seuchenschutzkleidung, beurteilten die Tierkörper, nahmen Proben zur Untersuchung auf ASP und verpackten sie seuchenhygienisch sicher für den Abtransport. Dann folgte das Bergungsteam, welches die Tierkörper von der Fundstelle zum Übungsstützpunkt transportierte. Dort wurden sie bis zur Abholung durch die Tierkörperbeseitigung in einem speziellen Behälter aufbewahrt.

So unterschiedlich die drei Suchmethoden sind, in der Übung haben sich alle bewährt: Die „Kadaver-Suchhunde“ arbeiteten motiviert, schnell und effektiv, aber auch die klassische, überwiegend „optische“ Suche durch erfahrene Jäger war erfolgreich. Beeindruckend war auch der Einsatz der Drohne des TCRH, mit der mit optischem und Wärmebild der ausgelegte Übungskadaver in 20 Minuten gefunden wurde. Letztlich lieferte die Übung wichtige Erkenntnisse für das Vorgehen im Ernstfall – der hoffentlich nicht kommt.   

Hintergrund: Die Afrikanische Schweinepest (ASP)

Die ASP ist eine ansteckende Viruserkrankung von Haus- und Wildschweinen, die mit schweren, unspezifischen Symptomen einhergeht und in 90% der Fälle innerhalb von sechs bis zehn Tagen zum Tode führt. Deshalb findet man in der freien Wildbahn die betroffenen Tiere in der Regel nicht krank, sondern bereits tot vor. Andere Haustiere und der Mensch sind nicht empfänglich für die Tierseuche.

Die ASP kam ursprünglich nur südlich der Sahara bei Afrikanischen Wildschwein-Arten wie dem Warzenschwein vor; bei diesen natürlichen Wirten wird sie ausschließlich über Zecken übertragen und verläuft symptomlos. Hausschweine und das „eurasische Wildschwein“, von dem alle Hausschweinerassen abstammen, erkranken dagegen akut und verbreiten das Virus ohne Zecken als Zwischenwirte, vor allem durch direkten Kontakt und über die Aufnahme von virushaltigen Speiseabfällen.

Die ASP wurde 2007 mit Schiffsabfällen an die georgische Schwarzmeerküste verschleppt und dort rasch auf Haus- und Wildschweine übertragen. Vor allem über Fleisch und Fleischprodukte von infizierten Tieren wurde die Tierseuche nach Russland und dort innerhalb weniger Jahre bis in die Gegend von St. Petersburg verbreitet. 2014 hat die ASP über Wildschweine dann Polen und das Baltikum erreicht. Inzwischen sind die Wildschweinebestände, zum Teil auch Hausschweinebestände in weiten Gebieten von Osteuropa betroffen. 2020 griff die ASP von Polen auf Deutschland über, wo

sie inzwischen in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern vorkommt. Im Mai 2022 kam es zu einer direkten Einschleppung in eine Freiland-Schweinehaltung im Landkreis Emmendingen, die jedoch wieder getilgt werden konnte.

Das größte Risiko auch für unsere Region ist ein Direkt-Eintrag in die Wildschweinepopulation über weggeworfene, virushaltige Speiseabfälle. Die ASP wird staatlich bekämpft. Es gibt jedoch keinen Impfstoff und es ist auch noch keiner realistisch in Sicht.