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Pressemitteilungen
07.05.2021

Lage im Klinikum entspannt sich // Inzidenz auf 204 gesunken // 

Allgemeinverfügung zur Testpflicht in Kindertageseinrichtungen erlassen // Aesculap AG wird Partner im Modellversuch »Impfen in Betrieben« // Bevölkerung im Landkreis Tuttlingen liegt bei Impfungen unterhalb des Landesdurchschnitts

Klinikum Tuttlingen hat sich auf Krisenszenario der Stufe Drei vorbereitet

Noch in der vergangenen Woche spitzte sich die Corona-Situation merklich zu. Klinikchef Dr. Sebastian Freytag ließ in einer ausführlichen Mitteilung bekanntgeben, dass sich die Mitarbeiter*innen des Klinikums auf eine Verschärfung der Situation einstellen würden und die Krisenstufe Drei vorbereiteten. Dazu führte Freytag aus: „Die dritte Kriseneskalationsstufe hat tiefgreifende und spürbare Auswirkungen auf den übrigen Betrieb des Klinikums und die Versorgung im Landkreis. Es werden nur noch Notfälle und dringliche Fälle aufgenommen und behandelt. Alle elektiven Aufnahmen zur Diagnostik oder für geplante Eingriffe werden aufgeschoben. Vorsorglich wird auf dem Tuttlinger Klinikgelände ein Zelt im Areal des Modulbaus aufgestellt, welches bei weiterer Zuspitzung der Situation als gesonderter und den Isolierstationen vorgelagerter CoViD-Aufnahmebereich die Notaufnahme entlastet. Das Klinikum wird parallel geeignete Patienten regional und überregional verlegen, um Kapazitäten freizusetzen. Ziel ist es am Gesundheitszentrum Tuttlingen, als erste Anlaufstation für Notfallpatienten (CoViD aber auch alle anderen Notfälle) weiterhin aufnahmebereit zu bleiben.“ Nach den deutlich höheren Zahlen in der vergangenen Woche gab es in den letzten Tagen eine erfreuliche Entwicklung nach unten. Mit aktuell 15 COVID-19-Patienten hat sich die Lage in der KW 18 entspannt. 5 Corona-Infizierte liegen auf der Intensivstation. „Die Vorbereitung auf die Eskalationsstufe Drei war wichtig und richtig. Das Verlegungskonzept hat sehr gut funktioniert. 12 Patient*innen wurden nach Freiburg verlegt, was zu einer spürbaren Entlastung unserer Intensivstation geführt hat. Wir sind den Kolleg*innen in Freiburg für ihre Unterstützung sehr dankbar“, kommentiert Landrat Stefan Bär die momentane Lage.

Nach Spitzenreiterposition im Land heute bei einem Inzidenzwert von 204

Noch in der KW 17 verzeichnete der Landkreis Höchstwerte, die kurzzeitig auch zu der (negativen) Spitzenreiterposition im Land geführt haben. In der laufenden Woche haben sich die Zahlen dem landesweiten Trend folgend zwar verbessert, bleiben aber immer noch auf einem hohen Niveau und auch deutlich über dem Landesdurchschnitt.  „Es ist doch eine gewisse Erleichterung spürbar, wenn wir heute einen Inzidenzwert von 204 vermelden können. Es freut uns, dass auch unsere Zahlen abschmelzen“, erklärt der Landrat rückblickend auf die Spitzenreiterposition Tuttlingens im landesweiten Vergleich. „Hoffen wir, dass sich dieser Trend so fortsetzt.“ Die Fallzahlen in den Pflegeheimen und Rehaeinrichtungen haben sich bis auf Weiteres stabil eingependelt. Lediglich 4 Mitarbeiter*innen sind derzeit infiziert. Nach wie vor auffällig ist, dass sich die Altersgrenze der Patienten im Klinikum deutlich nach unten verschoben hat. Waren in der ersten und zweiten Welle der Pandemie überwiegend die 80 bis 90-Jährigen betroffen, so werden heute Patient*innen im Alter von 20 bis 60 Jahren stationär betreut, auf der Intensivstation werden aktuell Personen im Alter von 55 bis 65 beatmet.

Die über die Notbremse verfügten Maßnahmen zeigen offenkundig Wirkung. „Ich möchte mich aber auch bei den Menschen bedanken, die mit ihrem disziplinierten und verantwortungsbewussten Handeln im Alltag diese Entwicklung erst ermöglicht haben. Nächstes Ziel müsse es sein, nun unter die Schwellenwerte von 165 bzw. 150 zu kommen, um auch von den dann greifenden Lockerungen für die Schulen und den Einzelhandel profitieren zu können“ so der Landrat.

Allgemeinverfügung zur Testpflicht in Kindertageseinrichtungen auf den Weg gebracht

Bereits am Donnerstag, dem 29. April 2021 verständigten sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Landkreises Tuttlingen gemeinsam mit Landrat Stefan Bär auf eine Testpflicht für Kinder in Kindertageseinrichtungen. „Unsere hohen Fallzahlen haben uns dazu bewogen, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Es ist unsere Pflicht nichts unversucht zu lassen, um die Zahlen zu senken“, begründet der Landrat die Entscheidung für eine Testpflicht. Die Berichte und Auswertungen des LGA und des RKI belegen, dass auch Kinder das Virus weitergeben können, auch wenn sie meistens keine oder weniger ausgeprägte Symptome haben. Hinzu kommt, dass bei positiven Fällen in Kindertageseinrichtungen immer der gesamte Kindergarten bzw. das gesamte Personal in Quarantäne muss. Bislang reagierten die Gemeinden deshalb darauf mit Vollschließungen. Diese Vorgehensweise sei auch nicht im Sinne der Betroffenen, erklärte Bär.

Nachdem die Kindertageseinrichtungen aktuell geschlossen sind gelten diese Regelungen derzeit nur für die stattfindende Notbetreuung. Durch die Testpflicht soll eine möglichst hohe Sicherheit für die betreuten Kinder aber auch des Personals geschaffen werden. Die meisten Eltern erwarten diesen Schutz, auch wenn es sicher auch Eltern geben wird, die für ihre Kinder diese Testpflicht ablehnen. Insofern wurde diese Regelung unter den Trägern ausgiebig diskutiert. Am Ende verständigte man sich im Rahmen der Gesamtabwägung im Interesse einer „geschützten Einrichtung“ auf diesen Schritt. Die Träger der Einrichtungen wurden angehört und vorab informiert, um sich auf die Testpflicht einstellen zu können. Die Regelungen gelten bis zum 31.05.2021, können aber bei einer vorzeitigen Verbesserung der Lage auch früher aufgehoben werden.

Aesculap AG wird Partner im Modellversuch „Impfen in Betrieben“

Für das Modellprojekt „Impfen in Betrieben“ fand seitens des Sozialministeriums auch der Landkreis Tuttlingen mit der Aesculap AG Berücksichtigung. Im Vorfeld hatten sich der Vorstandsvorsitzende der Aesculap AG Joachim Schulz und Landrat Stefan Bär in einer gemeinsamen Initiative um den Zuschlag bemüht. Alle vorgeschlagenen und ausgewählten Betriebe gehören zur kritischen Infrastruktur (Energieversorgung, Lebensmittelversorgung, Transport und Logistik sowie Medizintechnik) und sollen ab Mitte Mai über ihre jeweiligen Betriebsärzte mit den Impfungen der Mitarbeiter*innen beginnen können. Damit alles reibungslos verläuft haben sich die Verantwortlichen der Aesculap AG im Vorfeld mit den Verantwortlichen des KIZ in Tuttlingen getroffen und sich über die Abläufe und das konkrete Impfprozedere informieren lassen. Schon bald sollen der Aesculap AG rund 1.000 Impfdosen zur Verfügung gestellt werden, die schließlich über den betriebsärztlichen Dienst IAS aus Tuttlingen und unter Leitung des Betriebsarztes Dr. Matthias Binder an die Mitarbeiter*innen verimpft werden. Unterstützt werden Dr. Binder und sein Team von mehreren Medizinischen Fachangestellten.

Neben dem bald startenden Impfprogramm setzt die Aesculap AG auch weiterhin auf eine breit angelegte Teststrategie. Getestet wird jedoch nicht mehr überbetrieblich wie bisher, sondern innerbetrieblich in den Werken, externe Besucher werden direkt an der Pforte getestet. Die der Aesculap AG gehörenden Räumlichkeiten im Bahnhof werden indes vom Test- zum Impfzentrum umgerüstet und künftig mit drei Impfstraßen ausgestattet. Sobald das Modellprojekt endet sollen die überbetrieblichen Kooperationen fortgeführt werden. „Hier setzen wir auf partnerschaftliche und gute Zusammenarbeit“, erklärt Zepf das gemeinschaftliche Engagement einiger Unternehmen und Betriebe aus der Region. Landrat Stefan Bär ist froh darüber, dass die Aesculap AG den Zuschlag als Modellbetrieb erhalten hat. „In den kommenden beiden Wochen soll es losgehen. Wir erhoffen uns über das betriebliche Impfen auch diejenigen Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die möglicherweise mit den bisherigen Zugangswegen ihre Schwierigkeiten hatten. Die Terminvermittlung erfolgt direkt über den Arbeitgeber, sodass hier auch vermeintliche Sprachbarrieren oder andere Hemmnisse keine Rolle mehr spielen dürften.“

Bevölkerung im Landkreis Tuttlingen liegt bei Impfungen unterhalb des Landesdurchschnitts

Für besonderen Wirbel hat in dieser Woche die durch das Land Baden-Württemberg veröffentlichte Impfstatistik gesorgt. Mit 17,3 Prozent an Erstimpfungen und 5,3 Prozent an Zweitimpfungen gehört der Landkreis Tuttlingen zu den vier Schlusslichtern des Landes. Die Region insgesamt schneidet im Vergleich zur Rheinschiene deutlich schlechter ab. Bär erklärt sich die schlechte Impfversorgung der Bevölkerung im Landkreis Tuttlingen zum einen mit der deutlich größeren Entfernung zu den ZIZen. Der Landkreis Tuttlingen fällt in die Zuständigkeit des ZIZ Offenburg. „Von Beginn an haben wir die Auswahl und Festlegung der Standorte an der Rheinschiene bemängelt, da unsere Region dabei klar benachteiligt wurde“, so Bär. „Das rächt sich nun ein weiteres Mal.“ Deshalb fordert der Landrat, dass Impfdosen aus den ZIZen deutlich gerechter als bisher verteilt werden. Die Einwohnerzahl alleine kann nicht der Maßstab sein. Für einen fairen Ausgleich müssten auch die niedrigen Impfquoten und besondere Belastungen wie hohe Inzidenzwerte berücksichtigt werden. „Schon heute ist unser KIZ in Tuttlingen im Grunde kein Kreisimpfzentrum, sondern ein regionales Impfzentrum“, so Bär weiter. „Infolge der vom Land festgelegten freien Impfwahl entfällt gerade einmal die Hälfte der Impfungen und Terminvergaben auf den Landkreis selbst. Wenn die Hälfte der Impfdosen an andere Personen geht ist klar, dass die eigene Quote darunter leidet“, zeigt sich der Landrat verärgert. Deshalb fordert Bär eine fairere Verteilung der Impfdosen und eine schnelle deutliche Ausweitung der betrieblichen Impfungen. Den Vorschlag, für einen befristeten Zeitraum bevorzugt Einwohner aus dem Kreis impfen zu dürfen, um die aufgelaufenen Rückstände aufholten zu können, wurde vom Land mit Verweis auf die geltende Impfstrategie abgelehnt.

Bis Ende dieser Woche (KW 18) werden einschließlich der Impfungen in den Arztpraxen, rund 51.000 Impfungen verabreicht sein, davon entfallen 40.000 Impfungen auf Erstimpfungen und 11.000 auf Zweitimpfungen. In den 68 beteiligten Praxen im Landkreis wurden rund 10.000 Impfdosen (Stand: 6.5.) verabreicht. Interessant ist im Übrigen, dass auch bei den Arztpraxen der über den Apothekengroßhandel gelieferte Impfstoff gedeckelt ist. Pro Arztsitz werden max 50 Dosen in der Woche vorgesehen, und zwar unabhängig von der Zahl der Patienten der jeweiligen Praxis. Die bestehende Unterversorgung mit Ärzten trägt damit auch zu der niedrigen Impfquote bei.

Ankündigungen der Politik entsprechen nicht den tatsächlichen Liefermengen

Priorisierungen werden immer weiter gelockert oder gar für die Hausarztpraxen in der kommenden Woche aufgehoben. Immer mehr Menschen erhalten die Berechtigung geimpft zu werden. Gleichzeitig werden Öffnungsschritte angekündigt, von denen vor allem Genesene, Getestete aber eben auch geimpfte Personen profitieren sollen. Bei Bürger*innen werden folglich sehr große Erwartungen geweckt und der Druck auf die Impfzentren und Hausarztpraxen erhöht sich zusehends. Die von der Politik angekündigten, steigenden Impfmengen kommen allerdings in den Impfzentren, Praxen und Betrieben vor Ort nicht an. „Aktuell impfen wir im KIZ rund 600 Menschen an 6 Tagen in der Woche, alle Dosen werden komplett verabreicht“, bestätigt Bär das noch hohe Impfniveau. „Ob wir die Termine halten können, ist nicht absehbar. Wir planen von Woche zu Woche.“

Erschwerend kommt zu dieser knappen Menge das Problem der Zweitimpfungen hinzu. In den nächsten Wochen rund 28.000 Menschen zum zweiten Mal geimpft werden müssen. Bevor neue Erstimpfungen durchgeführt werden können, müssen zunächst die Zweitimpfungen priorisiert verabreicht werden. „Auf Forderung des Landes haben wir die ursprünglich für diese Impftermine zurückgelegten Mengen teilweise für Erstimpfungen verwendet, im Vertrauen darauf, dass diese durch die angekündigten Neulieferungen kompensiert werden können. Diese Rechnung geht bei den derzeitigen Mengen nicht mehr auf. Im Ergebnis führt dies konkret dazu, dass wir weniger Erstimpfungen im KIZ anbieten können“, beschreibt der Landrat die sich zuspitzende Lage.

Zuständig für die Verteilung des Impfstoffes ist der Bund, nicht das Land. Der Bund setzt neuerdings auf das Impfen in Praxen und Betrieben. Das ist grundsätzlich richtig und gut, da vor allem in den Betrieben auch sehr schnell große Mengen verimpft werden können. Als zu kurz gedacht empfindet Landrat Bär, die Impfzentren außen vor zu lassen. Dabei sind es gerade die KIZ vor Ort, die sehr effektiv arbeiten können. Infrastruktur, Personal und funktionierende Prozesse haben sich bewährt. Die Schlagkraft ist um ein vielfaches höher als in den Praxen. „Es ist völlig unverständlich, dass speziell in dieser Phase, in der viele Menschen zum Impfen drängen, gerade die bewährten Impfzentren so vernachlässigt werden“, so Bär weiter. „Wir werden deshalb weiter dafür kämpfen, dass den Ankündigungen und Versprechungen auch tatsächlich konkrete Lieferungen folgen und die derzeit erkennbaren Fehlsteuerungen behoben werden.“