Und dann war das Spiel doch erst ab 18! - Digitaler Medienkonsum von Kindern
Vierzig Augenpaare blicken gebannt in eine Richtung. Eine kurze Frage und vierzig Arme schnellen in die Höhe. Überrascht schauen sich die anwesenden Erwachsenen um. Die Frage, um die es geht: Wer von den Kindern besitzt ein eigenes Smartphone. Die Antwort ganz einfach: alle.
Ein Montagmorgen in einer Grundschule im Landkreis Tuttlingen. Die befragten Grundschulkinder sind in der dritten und vierten Klasse und gehören zur Generation der sogenannten digital natives – für sie ist ein digitales Lebensumfeld selbstverständlich. Unbestritten bietet ein solches viele Chancen, birgt jedoch auch zahlreiche Risiken. Genau darum geht es auch an diesem Morgen in der Schule. Zu Gast ist das Präventionstheater „Mach Was“ mit dem Theaterstück „@Ed und ich“.
Monika Wieder, Schauspielerin, Autorin, Pädagogin und Inhaberin des Präventionstheaters steht mit ihrer Kollegin auf der Bühne und zieht mit ihrer Geschichte das junge Publikum in ihren Bann. Es geht um Leonie, die ein Tablet geschenkt bekommt und immer häufiger nicht nur ihre Freundschaft vernachlässigt, schlechter in der Schule wird - auch ihr Verhalten wird aggressiv und schließlich führen „inApp“-Käufe auch noch zum Diebstahl.
Vor der Bühne fiebern die Kinder mit und sind am Ende froh, als Leonis Mutter ihre Tochter liebevoll in den Arm nimmt und Leonie ihre Sorgen und Ängste mit ihr teilen kann.
Plötzlich möchten auch die Grundschulkinder ihre Erlebnisse mit ihren digitalen Erfahrungen teilen.
Es sprudelt geradezu aus ihnen heraus – welche Spiele gespielt werden, wie das Konsumverhalten ist und was sie bedenklich finden. Große Augen machen sie, als Monika Wieder einfühlsam und mit viel Empathie und Expertise in der anschließenden Nachbesprechung des Stückes erwähnt, dass gängige Messenger-Dienste erst ab 16 Jahren genutzt werden dürfen. Nachdenklich meldet sich eines der Kinder und stellt fest: „Ich bin ja noch gar nicht 16!“. Auch viele Spiele, die auf den Smartphones der Kinder installiert sind, sind erst ab 18 Jahren zugelassen und werden dennoch von 8-jährigen gespielt. Altersgerechte Spiele und Anwendungen scheinen hier kaum zu existieren.
Am gleichen Montagabend im neuen Sitzungssaal des Landratsamts Tuttlingen. Der Arbeitskreis „Medienkompetenz von Kindern stärken“ in Tuttlingen hat einen schulübergreifenden Elternabend initiiert, zu dem die Schulleitungen gern eingeladen haben – rund 120 Eltern fanden sich ein, um das Theaterstück „@Ed und ich“ selbst anzuschauen und anschließend darüber zu diskutieren. Sozialdezernent Bernd Mager und Dirk Scherer von der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg stellten den anwesenden Eltern den Kern des Projekts vor: die Sensibilisierung für einen kindgerechten Umgang mit digitalen Medien, um Kindern einen unbeschwerten Umgang damit zu ermöglichen.
Die Gelegenheit, des direkten Kontaktes mit den Eltern und ihre Beratungsangebote vorzustellen, nutzten auch Ansprechpartnerin und Ansprechpartner der regionalen Beratungsstellen, Bettina Mauch vom Schulpädagogischen Dienst, Marcus Abel, Leiter der Suchtstelle in Tuttlingen, Roman Rendle von der Kreismedienstelle sowie Joachim Schön von der Polizei. Die Präventions-Experten beantworteten den teilnehmenden Besuchern des Elternabends zahlreiche Fragen und wiesen auf ihr breites Spektrum an Unterstützung und Begleitung hin.
Das Fazit der Veranstaltung: Es geht nicht darum, den Umgang der Kinder mit den Medien zu verbieten, sondern ihn als Eltern und/oder erwachsene Bezugspersonen aktiv und aufmerksam zu begleiten und gemeinsam in Kontakt zu bleiben.
Der nächste Elternabend findet wegen großer Nachfrage am 13. November 2023 statt.
Bei Frau Broschk vom Landratsamt laufen in Sachen Koordination und Organisation die Fäden zusammen. Sie bedankt sich ausdrücklich bei der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg für die gute Kooperation und für die finanzielle Unterstützung, bei den Expertinnen und Experten des Arbeitskreises, die sich mit hohem Engagement, Wissen und Herzblut einbringen, die gute Zusammenarbeit und auch für die politische Unterstützung durch Herrn Landrat Bär und den Sozialdezernenten Herrn Mager, die regelmäßig zur Gesundheit von Kindern und aktuellen Maßnahmen in unserem Landkreis im Ausschuss für Soziales und Gesundheit berichten.