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Interview mit dem neuen Leiter des Gesundheitsamtes: Dr. John Paul Fobiwe

Dr. John Paul Fobiwe, 43 Jahre alt, gebürtig aus Kamerun, leitet seit dem 1. November 2021 das Gesundheitsamt des Landratsamtes Tuttlingen.

Herr Dr. Fobiwe, in welchem Bereich waren Sie zuvor tätig und was waren dabei Ihre Hauptaufgabengebiete?

Nach meinem Medizinstudium und anschließender Promotion an der Medizinischen Hochschule Hannover arbeitete ich zunächst auch dort als Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Innere Medizin, Onkologie und Stammzelltransplantation im Zentrum für Innere Medizin, bevor ich als Wissenschaftler und Arzt an das Zentrum für Infektiologie und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Jena wechselte. Neben der Patientenversorgung, die ich immer sehr gerne gemacht habe, waren meine Forschungsschwerpunkte Infektionskontrolle und klinische Infektiologie, einschließlich der Überprüfung von Methoden zur frühen und schnellen Erkennung von sog. nosokomialer Krankheitserreger, die klinisch-epidemiologischen Aspekte der Antibiotikaresistenzen und die Überwachung und Therapie von Krankenhausinfektionen. Ich habe mich intensiv mit dem Bereich der klinischen Infektiologie beschäftigt und war bis 2016 als Facharzt für Innere Medizin an der Uni-Klinik in Jena tätig. Im Jahr 2016 bin ich dann an das Gesundheitsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises gewechselt und habe dort die kommissarische stellvertretende Leitung übernommen - bis ich vom Sozialministerium Baden-Württemberg für Forschungsaufgaben der öffentlichen Gesundheit an die Uniklinik Tübingen abgeordnet wurde. Dort habe ich zuletzt im Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung gearbeitet. Nebenberuflich absolvierte ich ein Masterstudium im Bereich „Public Health“ (öffentliche Gesundheit) an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Zudem verfüge ich über die Zusatzqualifikation für die Befähigung zum Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen.

Warum haben Sie sich als Amtsleiter beim Landratsamt Tuttlingen beworben? Was war Ihre Motivation?

Ich kannte bereits den ehemaligen Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Siegfried Eichin, und habe seinen Einsatz und sein Engagement sehr zu schätzen gewusst. Als ich dann vom Sozialministerium das Angebot erhalten hatte, in die Fußstapfen von Herrn Dr. Eichin zu treten, musste ich nicht lange überlegen. Es war für mich eine große Ehre, seine Nachfolge anzutreten verbunden mit spannenden, neuen Aufgaben, die mich hier in Tuttlingen erwarteten.

Welchen Anspruch haben Sie an die Position eines Amtsleiters? Worin begründet sich Ihr Bestreben?

Die Corona-Pandemie hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig das öffentliche Gesundheitswesen neben der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland ist - nämlich wichtiger denn je!

Bereits vor Corona habe ich mich schon viel mit der Thematik von Pandemien und sog. wiederkehrenden Infektionskrankheiten sowie generell mit Infektionskrankheiten und multiresistenten Erregern auseinandergesetzt und habe während meiner Zeit in Jena in einigen Projekten auch mit dem Robert-Koch-Institut und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten zusammengearbeitet. Ich möchte mich daher weiterhin einbringen und einen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Neben dem aus Corona bekannten Infektionsschutz ist es dringend erforderlich, andere Aufgabenbereiche des Gesundheitsamtes wieder auf das Vorpandemieniveau zu bringen - wie etwa die Hygiene und Umweltmedizin, Trinken und Badegewässerhygiene, allgemeine Gesundheitsförderung und Prävention, die Schuleingangsuntersuchung und Medizinalaufsicht - all dies im Einklang mit den Herausforderungen des digitalen Wandels der Gesundheitsämter.

Wie wollen Sie den Herausforderungen der Zukunft begegnen? Wo sehen Sie ihr Amt in 5 - 10 Jahren? Welche Themen bergen Risiken, aber auch Chancen?

Die Digitalisierung ist eine große Herausforderung, die wir in Zukunft gemeinsam meistern möchten. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben wir bereits viele wichtige Digitalisierungsschritte in Gang gesetzt.

Die Pandemie unter Kontrolle zu halten, ist eine weitere wesentliche Aufgabe in den kommenden Monaten. Neben dieser unmittelbaren Herausforderung begleiten uns tagtäglich weitere Pflichtaufgaben als Gesundheitsamt. Daher liegt es mir sehr am Herzen, mein Team, das durch die intensive, anstrengende Corona-Zeit geprägt ist, zu stärken und zu motivieren. Somit wird es in den nächsten Jahren darauf ankommen, Prioritäten festzulegen, Prozesse zu optimieren, um noch effizienter arbeiten zu können, und letztendlich die Resilienz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken und zu fördern. Darüber hinaus sehe ich das Gesundheitsamt als Kooperationspartner, das mit seiner fachlichen Kompetenz unterstützend in der Versorgung mitwirken kann. Der Aufbau eines guten Netzwerkes mit niedergelassenen Ärzten, Kliniken, Pflegeeinrichtungen und dem ambulanten Bereich ist aus meiner Sicht essenziell.

Zudem ist es mir ein Anliegen, ein bürgernahes Gesundheitsamt der Zukunft zu leiten, das in seinem gesetzlichen Rahmen die Bürgerinnen und Bürger gut beraten und unterstützen kann.

Das Thema Digitalisierung der Gesundheitsämter wird künftig eine immer wichtigere Rolle spielen. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Ich beschäftige mich selbst sehr intensiv mit diesem Thema und habe bereits selber einige Vorträge hierzu gehalten - u.a. kürzlich beim Deutschen Kongress für Tropenmedizin, Infektiologie und Global Health in Rostock. Aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst gib es immer wieder Anfragen, ob ich mit meinen Expertisen zu den Themenschwerpunkten Digitalisierung, multiresistenter Erreger und Impfungen fachliche Aufgaben übernehmen kann. Das Gesundheitsamt Tuttlingen beteiligt sich aktuell an vier Digitalisierungsprojekten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Baden-Württemberg. Sofern es meine dienstlichen Geschäfte zulassen, nehme ich diese Angebote gerne wahr.

Inwieweit hat die Corona-Pandemie ihre bisherige Arbeit und die von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geprägt, bzw. bestimmt sie weiterhin?

Wie bereits angeklungen, hat uns die Corona-Pandemie stark geprägt und uns immer wieder unsere Grenzen aufgezeigt, aber wir sind auch als Team daran gewachsen. Infolge dieser Pandemie werden wir uns nun verstärkt Gedanken dazu machen, wie gut wir uns künftig auf mögliche weitere Gesundheitskrisen vorbereiten können.

Weiterhin spielt das Thema der Corona-Impfung eine wichtige Rolle, um uns selbst und unsere Mitmenschen vor einem schweren Verlauf schützen zu können. Daher möchte ich gerne alle dazu aufrufen, sich impfen, bzw. boostern zu lassen. Vor allem die Risikopersonen sollen geschützt werden.

Welche Eigenschaft zeichnet Sie im Besonderen aus? Als Mensch und als Führungskraft?

Ich bin ein Mensch, der Teamarbeit sehr zu schätzen weiß und sich auch gut in andere Personen hineinversetzen kann. Zudem zeichne ich mich durch meine ruhige, besonnene Art, meine Ausdauer und Geduld sowie nicht zuletzt durch meinen Optimismus aus.